Hallo,
wir bedanken uns rechtherzlich bei allen Leuten, die für unseren Verein beim Wettbewerb „Gemeinsam für Potsdam“ gestimmt haben.
Das Ziel des Infoladens ist es, zu einem fest etablierten Treffpunkt für alte und neue Einwohner_innen von Potsdam zu werden, die sich – je nach speziellem Interesse – auch als sich aktiv engagierende Menschen zusammenfinden. Wir wollen Menschen zusammenführen, damit sie auch gemeinsam Probleme angehen können.
Die Teilnahme an diesem Wettbewerb haben wir uns nicht leicht gemacht.
Die Beziehung der Pro Potsdam zu den vier Hausprojekten Zeppi 25, 26, Elfi und Paste war nach knapp fünf Jahren Diskussion über Pachtzinserhöhungen von bis zu 17% sehr schlecht. Dass drei der vier Hausprojekte ihre Grundstücke jetzt kaufen und sehr sehr viel Geld dafür bezahlen „dürfen“, wird als sozialen Akt verkauft. Das „social washing“ findet auch in diesem Wettbewerb statt. Durch die Teilnahme dort sollten wir zu Statist_innen in dieser Show werden und trotz der antisozialen Wohnungspolitik in Potsdam nett in die Kamera lächeln, sollten wir unter die ersten zehn Gewinnenden gelangen und mehr oder weniger Preisgeld absahnen.
Bei dem Wettbewerb „Gemeinsam für Potsdam“ haben sich viele tolle Vereine beworben, die alle in ihrem Bereich großartige Arbeit leisten. In diesem Wettbewerb haben 29 Vereine um eine Teilsumme von 30 000 Euro gebuhlt. Das ist übrigens weniger als 1/2000 der Kosten, die der Wiederaufbau der Garnisonkirche der Stadt Potsdam auferlegt – ganz ohne so tolle Arbeit wie diese Vereine, die sich hier beworben haben, zu leisten.
Wir haben es tatsächlich geschafft, unter die ersten zehn Gewinner-Projekte zu kommen. Wir konnten 461 Stimmen erreichen, kamen auf den 9. Platz und bekamen ein Preisgeld von 1250€. Die Chance auf ein Podium während der Preisverleihung wollten wir uns aber nicht entgehen lassen. Anstatt diese Preisverleihung ohne Kommentar, vor allem wenn ohne Teilnahme, vorbeiziehen zu lassen, wollten wir die Zeit auf der Bühne nutzen, um ein treffendes Statement unter anderem zur antisozialen Wohnungspolitik in Potsdam abzugeben und – klar – wir sehen die Möglichkeit, Geld für coole politische Zwecke gewinnen zu können, ohne eine Verpflichtung eingehen zu müssen, als etwas sehr Reizvolles.
Unser Haus und auch unser Infoladen sind bunt. Klar stechen wir in der immer weiter extrem schick sanierten Umgebung und neben der durchsanierten Potsdamer Mitte optisch heraus. So manche in touristischen Pferdekutschen abgespielte Kassette lässt uns hören, dass wir eines der Potsdamer Probleme sind. Die sich aufregende Stimme beendet ihren Beitrag zu unserem Projekt mit dem Satz „Aber ich muss Ihnen sagen: Zufrieden sind wir damit nicht, wie die Häuser aussehen.“ In einer Stadt, in der die meisten Neubauten klassizistischer und barocker Art sind, einer geschichtlichen Epoche frönen, in der die Obrigen aktiv gegen Demokratie gekämpft haben, sind wir eigentlich doch sehr zufrieden damit, nicht in dieses Bild zu passen.
Während die Mieten in Potsdam in den letzten fünf Jahren eine Steigerungsrate über dem Bundesdurchschnitt hatten und Potsdam in Ostdeutschland die höchste Miete hat, Mietpreisbremsen in der jetzigen Situation kein wirkliches Instrument zur Haltung oder Senkung der Miete darstellen, sondern nur die Steigerung verlangsamen sollen – währenddessen kümmert man sich in Potsdam lieber darum, Stadteigentum an Leute zu verscherbeln, die beim Anblick von wiederaufgebauten Militärkirchen feuchte Augen kriegen – oder auch an gewinnorientiert arbeitende Akteure, denen bei Neuvermietung keine Grenze in der Miethöhe gesetzt werden – und da zieht man die Miete doch schon gern ein wenig an.
Der Aktivenkreis des Infoladens sieht es allgemein als Unding an, dass mit der eher passiven Tätigkeit des Wohnens überhaupt Gewinn gemacht wird, dass Miete nicht nur zur Deckung entstandener oder bald entstehender Kosten, z.B. für Reparaturen da ist – oder für Dinge, für die sich die Leute, die im Haus wohnen, gemeinsam entschieden haben. Wohnraum als Renditemöglichkeit klingt in unseren Ohren absurd, so sehr es auch gerade Realität ist. Aber man soll ja klein anfangen. Der Infoladen soll ein Ort der kritischen, sich emanzipierenden Stimmen sein. Er soll ein Faktor sein, der das Stadtleben in die Richtung von alternativen Lebensentwürfen, mehr Selbstverantwortung und einem solidarisches Miteinander beeinflusst. Wir hoffen, wir können ein unübersehbarer Ort bleiben und zu einem nicht ignorierbarem Gemenge der emanzipativen Kräfte in Potsdam werden.
Damit das Geld, was wir bei diesem Wettbewerb gewonnen haben, auch noch direkter gegen die immer stärkere Gentrifizierung wirken kann, ist es uns eine Freude, euch mitteilen zu können, dass der Verein des Infoladens anderen Initiativen auf dem Gebiet der Selbstorganisation von Mieter_innen alles Geld von unserem Gewinn zukommen lassen wird, welches wir nicht für die Schuldenbegleichung unseres Infoladens benötigen. So können wir euch erfreut sagen, dass wir der Mieter_innenvereinigung „Mieteschön“ eine Summe von 650€ zukommen lassen können.